Corona und Arbeitsrecht

Am 28. Februar 2020 hat der Bundesrat gestützt auf das Epidemiegesetz eine «besondere Lage» ausgerufen und Massnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des sogenannten Coronavirus’ ergriffen, die vorerst bis zum 15. März 2020 befristet sind.

Die Massnahmen zur Eindämmung der Krankheit COVID-19 haben zum Teil erhebliche Auswirkung auf den Berufsalltag. Das vorliegende «FAQ» gibt Antworten auf die drängendsten arbeitsrechtlichen Fragen und soll eine Hilfestellung sein für Arbeitgebende und Beschäftigte. Die einzelnen Antworten ersetzen jedoch keine konkrete Beurteilung im Einzelfall.

 

► Der Arbeitnehmer fühlt sich krank. Darf er zuhause bleiben?

Liegt eine Krankheit vor und kann der Arbeitnehmer nachweisen, dass er aufgrund der Krankheit arbeitsunfähig ist, darf er zuhause bleiben. Im konkreten Fall ist zu prüfen, ab wann er ein ärztliches Zeugnis vorzuweisen ist. Hier bestehen in den Betrieben unterschiedliche Regelungen. Grundsätzlich kann die Arbeitgeberin aber bereits ab dem ersten Krankheitstag ein Arztzeugnis einfordern. Hat die Arbeitgeberin Zweifel an der Richtigkeit des Arztzeugnisses, kann sie zudem den Arbeitnehmer zu einer Untersuchung bei einem Vertrauensarzt aufbieten. Dieser Anordnung hat der Arbeitnehmer Folge zu leisten. Tut er dies nicht, riskiert er arbeitsrechtliche Massnahmen (Einstellung des Lohnes, Verwarnung, Kündigung etc.).

 

► Der Arbeitnehmer hat Angst, dass ihn sein Büronachbar mit dem Virus ansteckt. Kann er nun zuhause bleiben?

Damit keine unbegründete Arbeitsverweigerung vorliegt, darf ein Fernbleiben nur auf Anordnung der Behörden oder der Arbeitgeberin erfolgen. Ist dies nicht der Fall, müssen die Arbeitnehmenden zur Arbeit erscheinen und dürfen nicht unabgesprochen zuhause bleiben. Tun sie dies trotzdem, laufen sie Gefahr, aufgrund des unberechtigten Verlassens der Arbeitsstelle fristlos entlassen zu werden.

Anders gelagert ist hingegen der Fall, wenn die Arbeitgeberin grundlegende Hygienevorschriften nicht einhält oder es unterlässt, dringend notwendige Schutzmassnahmen zum Wohle des Personals zu ergreifen. In diesem Fall kann die Arbeitsverweigerung gerechtfertigt sein.

 

► Eine Arbeitnehmerin hat sich mit dem Virus angesteckt. Müssen die anderen Arbeitnehmenden zuhause bleiben?

Der Arbeitgeber kann vom Kanton angewiesen werden, zweckdienliche Massnahmen wie eine Betriebsschliessung anzuordnen. Ist dies der Fall, trägt das Unternehmen das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko. Die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitnehmers besteht weiterhin, ohne dass dieser zur Nachleistung verpflichtet ist. Er muss sich aber auf den Lohn anrechnen lassen, den er wegen der Verhinderung an der Arbeitsleistung erspart oder durch anderweitige Arbeit erworben oder zu erwerben absichtlich unterlassen hat.

 

► Ein Arbeitnehmer hat sich mit dem Virus infiziert und kann nicht mehr arbeiten. Hat er Anspruch auf Lohnfortzahlung?

Ja, grundsätzlich schon. Die Art und Weise der Lohnfortzahlung richtet sich nach der unverschuldeten Arbeitsverhinderung aufgrund Krankheit.

 

► Eine Arbeitnehmerin befindet sich zurzeit in einer behördlich angeordneten Quarantäne? Hat sie Anspruch auf Lohnfortzahlung?

Diese Frage ist umstritten. Eine Pflicht zur Lohnfortzahlung besteht im Falle eines Verhinderungsgrundes, der in der Person des Arbeitnehmenden liegt und der nicht vom Arbeitnehmenden verschuldet wurde. Objektive Leistungshindernisse, die nicht auf einen einzelnen Arbeitnehmenden beschränkt sind, führen hingegen nicht zu einer Lohnfortzahlungspflicht. Als (veraltetes) Lehrbuchbeispiel wird hier oft auf eine sog. Seuchengefahr hingewiesen, die den Arbeitnehmenden den Antritt der Arbeit verunmöglicht. Es sprechen jedoch auch gute Gründe dafür, hier eine Lohnfortzahlung anzunehmen, insbesondere wenn die Quarantäne auf einzelne Arbeitnehmer beschränkt ist.

Die Problematik kann insofern entschärft werden, als dass der Arbeitnehmende während der Quarantäne im Homeoffice tätig wird. Dann besteht klarerweise ein Anspruch auf Lohnfortzahlung.

 

► Die Arbeitgeberin möchte, dass ein Arbeitnehmer Arbeit im Homeoffice erledigt. Kann sie das anordnen?

Grundsätzlich kann die Arbeitgeberin den vertraglich vereinbarten Arbeitsort nicht durch Weisung abändern. Es bestehen jedoch Ausnahmen. So kann der Arbeitnehmende bei Bestehen dringender betrieblicher Bedürfnisse verpflichtet werden, vorübergehend an einem anderen Arbeitsort zu arbeiten. Diese Pflicht besteht aufgrund der Treuepflicht des Arbeitnehmenden, sofern dem keine überwiegenden Interessen des Arbeitnehmenden entgegenstehen. Die vorübergehende Anordnung von Arbeit im Homeoffice kann daher im Einzelfall gerechtfertigt sein.

 

► Der Arbeitgeber hat eine Arbeitnehmerin aufgrund der Ansteckungsgefahr im Betrieb nachhause geschickt. Wie sieht es mit ihren Lohnfortzahlungsanspruch aus?

Hier liegt ein sog. Annahmeverzug des Arbeitgebers vor, da dieser darauf verzichtet, die von der Arbeitnehmerin angebotene Arbeit anzunehmen. In diesem Fall bleibt er zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, ohne dass die Arbeitnehmerin zur Nachleistung verpflichtet ist.

 

► Die Schule des Kindes eines Arbeitnehmers wurde aufgrund des Virus geschlossen. Sämtliche Kinder befinden sich in Quarantäne. Sein Kind ist zu jung, um allein zuhause zu sein. Muss er weiterhin zur Arbeit?

Hat der Kanton die Quarantäne angeordnet und kommt der Arbeitnehmer seiner gesetzlichen Pflicht zur Betreuung seiner Kinder nach, handelt es sich um einen Fall der unverschuldeten Verhinderung der Arbeitsleistung. Er hat weiterhin Anspruch auf Lohn, ist aber dazu verpflichtet, sich um eine geeignete Betreuungslösung zu bemühen, um weitere Absenzen im Betrieb zu verhindern.

 

► Ein Kind einer Arbeitnehmerin hat die Grippe erwischt und ist krankgeschrieben. Muss sie weiterhin zur Arbeit?

Kann die Mitarbeitende ein ärztliches Zeugnis für den Krankheitsfall ihres Kindes vorweisen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, sie zur Betreuung des kranken Kindes im Umfang von bis zu drei Tagen oder – falls medizinischen indiziert – auch länger von der Arbeit zu befreien. Sie hat weiterhin Anspruch auf Lohn, ist aber dazu verpflichtet, sich um eine geeignete Betreuungslösung zu bemühen, um weitere Absenzen im Betrieb zu verhindern.

 

► Ein Arbeitnehmer befürchtet, dass sich seine Kinder im Kindergarten/in der Schule mit dem Virus anstecken und betreut diese zuhause, weshalb er der Arbeit fernbleibt. Darf er das?

Erfolgt die Betreuung zuhause nicht auf Anordnung des Kantons und ist der Arbeitnehmer nicht krankgeschrieben, hält er sich ungerechtfertigt von der Arbeit fern. Auch in diesem Fall besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung und die Arbeitgeberin kann ihn bei längeren Absenzen fristlos künden.

 

► Eine Arbeitnehmerin hat für die Fasnacht Ferien eingegeben und muss nun doch arbeiten gehen. Kann der Arbeitgeber ein solches Ferienverbot aussprechen?

Grundsätzlich bestimmt der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien, nimmt dabei auf die Wünsche der Arbeitnehmerin aber soweit Rücksicht, als dies mit den Interessen des Betriebes oder Haushaltes vereinbar ist. Wurden die Ferien bereits vereinbart, ist eine Verschiebung nur aus wichtigen Gründen gerechtfertigt. Eine Ferienplanänderung ist somit nur aus unvorhergesehenen und dringlichen betrieblichen Bedürfnissen zulässig.

 

► Die Arbeitgeberin möchte zum Schutz ihrer Arbeitnehmenden vor Ansteckungen wissen, in welchen Ländern diese ihre Ferien und Freizeit verbracht haben. Ist das zulässig?

Beim Erfragen von Ferien- und Freizeitdestinationen handelt es sich um eine Datenbearbeitung in Sinne des Datenschutzgesetzes. Die Arbeitgeberin darf Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten, soweit sie die Eignung des Arbeitnehmenden für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind. Dient das Erfragen von Ferien- und Freizeitdestinationen dazu, Personen, die kürzlich in einem Gebiet mit erhöhter Ansteckungsgefahr waren, davon abzuhalten, andere Mitarbeitende anzustecken, kann dieses Vorgehen im Einzelfall zulässig sein.

 

Weiterführende Informationen, insbesondere zur Kurzarbeitsentschädigung, entnehmen Sie bitte dem «Handbuch für die betriebliche Vorbereitung». Dieses wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Gesundheit, der AG Influenza und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) erarbeitet. Es kann hier heruntergeladen werden.