Coronavirus und Kurzarbeit

 

Ausgangslage

Der Bundesrat hat am 16. März 2020 weitreichende Massnahmen zur Eindämmung des sog. Coronavirus’ und der Krankheit COVID-19 beschlossen. Er stuft die Situation in der Schweiz neu als «ausserordentliche Lage» gemäss Epidemiengesetz ein.

Die ergriffenen Massnahmen bringen einschneidende wirtschaftliche Konsequenzen mit sich. Ist die Aufrechterhaltung des Betriebs wegen der aktuellen Pandemie nicht mehr möglich, können Arbeitgeberinnen Kurzarbeitsentschädigung für ihre Arbeitnehmenden geltend machen.

Das vorliegende «FAQ» gibt Antworten auf die drängendsten arbeitsrechtlichen Fragen und soll eine Hilfestellung sein für Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmende. Die einzelnen Antworten ersetzen jedoch keine konkrete Beurteilung im Einzelfall.

Dieses FAQ Es berücksichtigt auch die vom Bundesrat am 20. März 2020 beschlossenen Erleichterungen/Anpassungen.

 

Allgemeines

► Was versteht man unter den Begriffen «Kurzarbeit» und «Kurzarbeitsentschädigung»?

Die Arbeitgeberin kann eine vorübergehende teilweise oder gänzliche Reduktion der vertraglichen Arbeitszeit anordnen («Kurzarbeit»). Die Kurzarbeit hat zum Zweck, Arbeitsplätze zu erhalten. Der daraus entstehende Verdienstausfall wird von der Arbeitslosenversicherung für einen bestimmten Zeitraum in einem gewissen Umfang übernommen. Man spricht hier vor der Kurzarbeitsentschädigung. Für die betroffenen Arbeitnehmenden bedeutet dies, dass sie – für die angeordnete Kurzarbeit – im Umfang von 80% ihres vertraglichen Lohns entschädigt werden, sofern sie mit der Kurzarbeit einverstanden sind.

 

► Unter welchen betrieblichen Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf eine Kurzarbeitsentschädigung?

Arbeitgeber können für ihre Arbeitnehmenden eine Kurzarbeitsentschädigung geltend machen, wenn die betrieblichen Arbeitsausfälle aus wirtschaftlichen Gründen erfolgen, die nicht auf vom Arbeitgeber zu vertretende Umstände zurückzuführen sind und der Arbeitsausfall eine gewisse Schwere aufweist (mindestens 10%). Dieses Erfordernis ist bei Arbeitsausfällen als Folge der behördlichen Massnahmen und Anordnungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus in der Regel erfüllt. Anspruchsberechtigt sind demnach alle Unternehmen, bei welchen die eingetroffene Kurzarbeit nicht auf «normale Betriebsrisiken» zurückzuführen sind. Weiter ist erforderlich, dass die Arbeitsausfälle nicht durch geeignete, wirtschaftlich tragbare Massnahmen vermieden werden können.

 

► Ab welchem Ausmass des Arbeitsausfallswird Kurzarbeitsentschädigung ausbezahlt?

Der Arbeitsausfall muss je Abrechnungsperiode mindestens zehn Prozent der Arbeitsstunden ausmachen, die von den Arbeitnehmern des Betriebs oder der anerkannten Betriebsabteilung normalerweise insgesamt geleistet werden. Ausfälle unter zehn Prozent sind nicht abrechnungsfähig.

 

► Für welche Arbeitnehmenden kann eine Kurzarbeitsentschädigung geltend gemacht werden?

Der Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung besteht für Arbeitnehmende, deren normale Arbeitszeit verkürzt oder deren Arbeit ganz eingestellt wird. Dies unter den Voraussetzungen, dass der betreffende Arbeitnehmer für die Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig ist oder die obligatorische Schulpflicht zurückgelegt und sofern das Mindestalter der AHV-Beitragspflicht noch nicht erreicht wurde. Zudem muss der Arbeitsausfall voraussichtlich vorübergehend sein und es muss erwartet werden, dass durch Kurzarbeit Arbeitsplätze erhalten werden können.

Gemäss Beschluss des Bundesrates vom 20. März 2020 kann auch für Temporär-Mitarbeitende und Arbeitnehmende, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis ohne vorzeitige Kündigungsmöglichkeit tätig sind, Kurzarbeitsentschädigung geltend gemacht werden. Ausserdem kann Kurzarbeitsentschädigung neu auch für arbeitgeberähnliche Angestellte ausgerichtet werden. Als arbeitgeberähnliche Angestellte gelten z.B. Gesellschafter einer Gmbh, welche als Angestellte gegen Entlohnung im Betrieb arbeiten. Personen, die im Betrieb des Ehegatten bzw. des eingetragenen Partners mitarbeiten, können nun auch von Kurzarbeitsentschädigungen profitieren. Sie sollen eine Pauschale von 3320.- Franken als Kurzarbeitsentschädigung für eine Vollzeitstelle geltend machen können (Medienmitteilung des Bundesrates vom 20. März 2020).

 

► Für welche Arbeitnehmenden besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung?

Kein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung kann die Arbeitgeberin geltend machen für Arbeitnehmende, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen oder die mit der Kurzarbeit nicht einverstanden sind. Für Letztere kann zwar eine Pensenreduktion angeordnet werden, sie erhalten jedoch den vollen vertraglichen Lohn.

Ebenfalls keinen Anspruch haben Arbeitnehmende, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar ist oder deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist.

 

► Ist der Arbeitsausfall für Arbeitnehmende im Stundenlohn abrechenbar?

Die Arbeit im Stundenlohn hat keinen Einfluss auf den Anspruch. Sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt werden, haben sie den gleichen Anspruch wie Arbeitnehmende im Monatslohn.

 

► Müssen die betroffenen Arbeitnehmenden mit der Kurzarbeit einverstanden sein?

Ja. Weigert sich ein/e Arbeitnehmer/in, der Kurzarbeit zuzustimmen, muss er sich keine Lohnkürzung gefallen lassen. Jedoch vergrössert sich damit aufgrund der wirtschaftlichen Lage das Risiko einer (ordentlichen) Kündigung. Gemäss Weisung des SECO kann momentan im Voranmeldeverfahren auf das Einreichen der Unterschriften (Zustimmung der Mitarbeitenden) verzichtet werden. Es obliegt dem Arbeitgebenden, im Besitz der Zustimmung für die Ende Monat zur Abrechnung gemeldeten Personen zu sein.

 

► Wie kann ich den Arbeitsausfall nachweisen?

Mittels Belegen der Arbeitszeiterfassung. Für die Quantifizierung des Arbeitsausfalls wird deshalb eine betriebliche Arbeitszeitkontrolle vorausgesetzt.

 

► Was geschieht, wenn ein Betrieb später trotz Kurzarbeit Kündigungen aussprechen muss?

Für den Fall, dass es trotz Leistung von Kurzarbeitsentschädigung während oder kurz nach der Kurzarbeit zu einer Entlassung kommt, muss der Arbeitgeber damit rechnen, dem betroffenen Arbeitnehmer oder der betroffenen Arbeitnehmerin die entstandenen Einbussen, sprich den vollen Lohn – trotz reduzierter Arbeitszeit – ab Beginn der Kündigungsfrist zu ersetzen.

 

Voranmeldeverfahren

► Die Arbeitgeberin möchte Kurzarbeit anmelden: Wie ist vorzugehen?

Die Arbeitgeberin muss die geplante Kurzarbeit beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons, in dem der betreffende Betrieb oder die betreffende Betriebsabteilung den Sitz hat, voranmelden.

 

► Welche Fristen sind bei der Voranmeldung einzuhalten?

Der Bundesrat hat die Situation als ausserordentliche Lage eingestuft und von seiner im AVIG vorgesehenen Kompetenz Gebrauch gemacht, Erleichterungen für die betroffenen Unternehmen anzuordnen. So wurde die Voranmeldefrist ursprünglich von zehn auf drei Tage verkürzt. Das bedeutet, dass die Voranmeldung drei Tage vor Beginn der vorgesehenen Kurzarbeit eingereicht werden muss.

Es sind die entsprechenden Formulare der Behörden zu verwenden. Diese finden sich auf der Webseite der zuständigen Amtsstellen.

 

► Kann die Kurzarbeit auch nur für eine einzelne Betriebsabteilung angemeldet werden?

Ja, sofern die Betriebsabteilung dem Betrieb gleichgestellt ist. Die genauen Voraussetzungen sind in der Arbeitslosenversicherungsverordnung (AVIV) geregelt. Eine Betriebsabteilung wird anerkannt, wenn die Betriebsabteilung eine mit eigenen personellen und technischen Mitteln ausgestattete organisatorische Einheit bildet, die einer eigenen innerbetrieblich selbständigen Leitung untersteht oder Leistungen erbringt, die auch von selbständigen Betrieben erbracht und auf dem Markt angeboten werden könnten.

 

► Welches Arbeitsamt ist zuständig, wenn ein Betrieb an verschiedenen Orten Mitarbeiter und Betriebsteile hat?

Zuständig ist das Arbeitsamt jenes Kantons, in dem der Betrieb oder die Betriebsabteilung seinen/ihren Sitz hat. Dort ist auch die Voranmeldung vorzunehmen.

 

► Welche Informationen sind bei der Anmeldung mitzuliefern?

Die Arbeitgeberin hat die Kurzarbeit unter Verwendung des amtlichen Formular anzumelden und die entsprechenden Fragen zu beantworten.

Gemäss den vom Bundesrat beschlossenen Erleichterungen müssen die Einverständniserklärungen der einzelnen Arbeitnehmenden und ein Handelsregisterauszug des betreffenden Betriebs aktuell nicht mehr eingereicht werden. Es müssen jedoch alle Mitarbeitende, für die Kurzarbeitsentschädigung geltend gemacht wird, mit der Kurzarbeit einverstanden sein.

Die Arbeitgeberin hat in der Voranmeldung ausserdem die Umstände darzulegen, welche die Einführung von Kurzarbeit notwendig machen. Zudem bedarf es einer Beurteilung der wirtschaftlichen Aussichten des Betriebes für die nähere Zukunft.

 

► Reicht es aus, im Gesuch pauschal auf das Coronavirus und die behördlichen Massnahmen zu verweisen, um Kurzarbeitsentschädigung geltend zu machen?

Nein. Es gilt zu beachten, dass jedes Gesuch – trotz Vereinfachung der formellen Anforderungen – eine genaue Begründung enthalten muss, weshalb die Folgen des Coronavirus’ im konkreten Fall einen Einfluss auf die vorübergehende Reduktion des Arbeitspensums haben. Die Arbeitgeberin hat daher den Zusammenhang zwischen den Betriebsausfällen und dem Auftreten des Coronavirus konkret zu schildern und darzulegen.

 

► Hat die Arbeitgeberin mit Einführung der Kurzarbeit abzuwarten, bis das Arbeitsamt die Kurzarbeitsentschädigung bewilligt?

Dies ergibt sich aus dem Gesetz nicht ausdrücklich, jedoch sind Arbeitsausfälle erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Meldefrist anrechenbar. Kurzarbeit kann somit nicht rückwirkend angemeldet werden. Da bei den kantonalen Arbeitsämtern momentan eine ausserordentlich hohe Zahl an Gesuchen eingehen und Arbeitgeberinnen mit einer Verzögerung der Gesuchserteilung rechnen müssen, wird diese Frage von einzelnen Arbeitsämter kulant behandelt. Das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Basel-Stadt schreibt dazu: «Die Auszahlung der Gelder erfolgt rückwirkend auf den Zeitpunkt, an dem die Kurzarbeit effektiv eingetreten ist.»

 

► Die Kurzarbeit wurde bewilligt, welche Pflichten hat die Arbeitgeberin nun?

Die Arbeitgeber ist gegenüber den Arbeitnehmenden vorleistungspflichtig. Sie hat den Arbeitnehmenden, neben dem geschuldeten Lohn für effektiv geleistete Arbeit im reduzierten Pensum, zusätzlich 80% des Verdienstausfalles am ordentlichen Zahltagstermin auszurichten. Massgebend ist hierbei der vertraglich vereinbarte Lohn (vgl. Berechnungsbeispiel unten).

Die Arbeitgeberin hat ausserdem die Bezahlung der vollen gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Sozialversicherungsbeiträge (AHV/IV/EO/ALV, Unfallversicherung, Familienausgleichskasse, berufliche Vorsorge etc.) entsprechend dem vertraglichen Arbeitspensum (basierend auf 100% des Lohnes) vorzunehmen. Die Abrechnung erfolgt demnach auf den ungekürzten Lohn.

 

Umsetzung der Kurzarbeit

► Welche Kasse zahlt die Kurzarbeitsentschädigung?

Die Kurzarbeitsentschädigung wird von der von der Arbeitgeberin gewählten Arbeitslosenkasse übernommen.

 

► Wie hoch ist die maximale Kurzarbeitsentschädigung pro Mitarbeiter?

Wird die Kurzarbeit bewilligt, zahlt die Arbeitslosenkasse eine Entschädigung von 80 % des Verdienstausfalls. Massgebend für die Berechnung der Kurzarbeitsentschädigung ist der vertraglich vereinbarte Lohn. Allerdings beträgt der maximal versicherte Verdienst derzeit CHF 12'350 pro Monat bzw. CHF 148'200 pro Jahr.

 

► Kann zwischen den einzelnen Arbeitnehmern verschiedene Pensenreduktionen angeordnet werden?

Ja. Dies lässt sich flexibel gestalten. Voraussetzung für die Kurzarbeitsentschädigung ist allerdings, dass der Arbeitsausfall pro Abrechnungsperiode mindestens 10 % aller im Betrieb oder der anerkannten Betriebsabteilung normalerweise geleisteten Arbeitsstunden ausmacht.

 

► Wie berechnet sich die Kurzarbeitsentschädigung bei Mitarbeitenden, bei denen der Ausfall nicht 100% beträgt?

Folgendes Beispiel: Arbeitnehmerin X arbeitet Vollzeit und erhält einen Monatslohn von brutto CHF 10'000.00. Ihr Pensum wird nun um 60% reduziert (Kurzarbeit). Für die verbleibenden 40% muss ihr die Arbeitgeberin einen Lohn von brutto CHF 4'000.00 bezahlen. Die restlichen 60% (während dieser Zeit arbeitet X zufolge Kurzarbeit nicht) stellen Verdienstausfall dar. Für diesen erhält X CHF 4'800.00, was 80% von CHF 6'000.00 entspricht. Die Arbeitnehmerin erhält somit CHF 8'800.00. Die Sozialversicherungsbeiträge sind nach Massgabe des vertraglichen Lohnes von CHF 10'000.00 zu berechnen und abzuführen.

 

► Wie lange erhalte ich die Kurzarbeitsentschädigung ausgerichtet?

Die Kurzarbeitsentschädigung wird innerhalb von zwei Jahren während höchstens 12 Abrechnungsperioden ausgerichtet. Dabei umfasst eine Abrechnungsperiode einen Monat oder vier zusammenhängende Wochen. Das heisst, dass gleichzeitig mit der Auszahlung des ersten Kurzarbeitsmonats auch die zweijährige Rahmenfrist zu laufen beginnt.

 

► Was versteht man unter Karenzzeit und wie lange dauert sie?

Zwischen den erwähnten Abrechnungstagen bestehen Karenztage. So bestehen normalerweise zwischen der 1. bis 6. Abrechnungsperiode je zwei Karenztage und zwischen der 7. bis zur 12. Abrechnungsperiode je drei Karenztage, in welchen der Verdienstausfall von der Arbeitgeberin zu tragen ist. Der Bundesrat hat aufgrund der ausserordentlichen Lage am 13. März 2020 angeordnet, dass die Arbeitgebenden bis zum 30. September 2020 für jede Abrechnungsperiode nur noch einen Tag Arbeitsausfall übernehmen müssen. Danach steht ihnen die Unterstützung der Arbeitslosenversicherung zu. Mit Beschluss vom 20. März 2020 hat der Bundesrat nun die bereits gesenkte Karenzfrist (Wartefrist) für Kurzarbeitsentschädigungen vollständig aufgehoben. Damit entfällt die Beteiligung der Arbeitgeber an den Arbeitsausfällen (vgl. Medienmitteilung des Bundesrates vom 20. März 2020).

 

► Wann muss ich die Kurzarbeitsentschädigung bei der Arbeitslosenkasse geltend machen?

Der Anspruch ist zwingend innert drei Monaten nach Beendigung jeder Abrechnungsperiode bei der gewählten Arbeitslosenkasse geltend zu machen. Danach erlischt der Anspruch.


► Wo finde ich weitere Informationen?

Informationen des Staatssekretariarts für Wirtschaft (Seco)

Informationen des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich

Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG), Art. 31 ff.

Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIV), Art. 46ff.

 

Stand: 18. März 2020